Das Leben in einer Metropole wie Frankfurt hat seine Vor- und Nachteile. Die Natur dürfen wir nie vergessen!

September 2nd, 2013, 10am

Das Leben in einer Metropole wie Frankfurt hat seine Vor- und Nachteile. Die letzten Tage haben gezeigt: Die Gesellschaft ist von Dingen abhängig und laufen diese nicht wie gewohnt, geraten Menschenmassen ins Rudern.

Der Streik der öffentlichen Verkehrsmittel und des Bodenpersonals am Frankfurter Flughafen in den letzten Tagen hat deutlich gemacht, dass das Leben in einer Großstadt natürlich über Vorteile verfügt, die Nachteile allerdings niemals vergessen werden dürfen. Zu schön ist das Gefühl, sich einfach in eine S- oder U-Bahn setzen, die Augen schließen zu können und zu wissen: In einer Viertelstunde habe ich mein Ziel erreicht. Fahrten in den öffentlichen Verkehrsmitteln sind schon lange entweder zu Ruhezeiten der Passagiere geworden, immerhin sehr viel stressfreier als Autofahren, oder zur Gelegenheit, ein Buch aufzuschlagen, die Zeitung zu lesen oder einfach die Seele baumeln zu lassen. Doch was passiert, wenn die Verkehrsmittel nicht “vorhanden” sind? Spätestens die Leere des Bahnsteigs, das Nichtvorhandensein von Passagieren, die gierig auf die digitale Anzeige starren, sagt dir: Hier ist etwas falsch. Kein Rattern auf Schienen, keine Durchsagen. Streik – die einzig mögliche Erklärung. Es kann dich überraschen (so wie mich diese Woche) oder du kannst darauf vorbereitet sein, letztlich bleibt das Ergebnis ähnlich. Deine Gewohnheit wird durchbrochen. Du bist gezwungen, dir einen neuen Weg (zur Arbeit zum Beispiel) zu suchen oder auf Alternativen auszuweichen. Doch wie diese ohne Vorwarnung finden? “Nimm dir die Zeit und lauf zur Uni”, habe ich zu mir selbst gesagt. “In der Freizeit, im Urlaub, schaffst du es doch auch, dir zu Fuß Wege zu erschließen und was hast du da nicht schon alles erlebt?” Ich stiefele die S-Bahnstation hinaus, schaue auf das Smartphone, um den richtigen Weg zu finden (ich kenne mich natürlich nicht aus und an den Hochhäusern kann ich mich auch nicht orientieren). Die grobe Richtung ist schnell gefunden, ich glaube sogar mich an die Straße erinnern zu können und mache mich gemeinsam mit einer doch beachtlichen Masse an Männern und Frauen in schicken Buisness-Klamotten, Kinderwägen, Fahrrädern, Skateboards und Tretroller auf den Weg.

“Was es hier nicht alles gibt”, stelle ich alle fünf Meter fest und erinnere mich an einer Wanderung im letzten Sommer, genauer gesagt den Weg zur Wiesbadener Hütte, auf dem auch das Foto entstanden ist, das diesem Beitrag vorangestellt ist. Auf dieser Wanderung habe ich das erste Mal seit langer Zeit wieder das Gefühl gehabt, mich selbst zu finden und Dinge in der Natur, in der Alltagswelt zu entdecken, die dir fern bleiben, wenn du nicht mit offenen Augen durch die Gegend läufst. Auf dem Weg zur Wiesbadener Hütte gibt es keine Smartphones. Dein Weg ist auf einer Landkarte eingezeichnet und du folgst der Beschilderung, die dir sogar eine grobe Zeitangabe schenkt. Du steigst einen schmalen Pfad hinauf, der dich Stein für Stein Höhenmeter für Höhenmeter nach oben bringt. Bald schon bist du viele, viele Schritte über dem See, an dem du gestartet bist, spürst, wie die Luft dünner wird und das Rauschen der entfernten Straßen verstummt. Nach einer Dreiviertelstunde passierst du die ersten Flüsse und Bächlein, du hast ganz vergessen, wie du heute Morgen noch über die Autobahn gefahren, im Stau gestanden oder beim Frühstück einen schlechten Kaffee getrunken hast. Es sind nur du da, dein Begleiter und die Natur. Du hältst an, machst Bilder, erfreust dich an den blühenden Blumen, der Sonne, die dir die Arme wärmt … Und dann siehst du sie. Gar nicht weit entfernt hocken sie auf Steinen und fressen gemütlich. Murmeltiere. Viele, kleine Murmeltiere. Bestimmt zehn oder fünfzehn Stück. Kleine und größere, jüngere und ältere. Die Wachen halten Ausschau, doch auch, wenn sie uns sehen, sie fiepsen nicht, schlagen nicht Alarm, sondern lassen uns einfach passieren. Sie queren den Weg direkt vor unseren Füßen, bleiben sogar dort stehen und lassen sich fotografieren. Für sie sind wir gar nicht da oder gehören zur Natur. Sind keine Biester, die ihnen den Lebensraum nehmen, sondern nur Passanten, die gleich wieder verschwinden (nach einigen Fotos).

Laufen wir nicht mit offenen Augen durch die Gegend, nutzen wir nicht die Gelegenheiten der Streiks, Positives daraus zu stehen, verlieren wir vielleicht den Halt zu unserer Umwelt. Ich habe an den zwei Tagen, an denen ich zu meiner Arbeit gelaufen bin, viel neues entdeckt und habe auch absichtlich immer andere Wege genutzt. Kanntet ihr schon den schönen Buchladen an der Ecke? Den sympathischen Kiosk zwei Straßen weiter? Oder den hübschen Baum im Park, an dem man sich super zum Lesen hinsetzen könnte?

Ich kenne es jetzt schon. Und diese Tage des Streiks haben mich daran erinnert: Halte die Augen offen. Auch die Großstadt ist zum Teil Natur, aber auf jeden Fall unsere Umwelt, in der wir uns wiederfinden müssen.


Daniel said thanks.

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Hilke-Gesa Bußmann

Literature is my passion. I love to tell stories, to dive into other worlds and have adventures with my characters.

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